Diese Website verwendet Cookies sowie Analyse-Software zur Erfassung und Auswertung der Webseiten-Nutzung. Details zur Art und Umfang der Datenerhebung finden Sie in unserer Datenschutzerklärung. Wenn Sie diese Website weiterhin nutzen, stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.

  

Waldspaziergang

Bei diesem Herbstspaziergang geht es – wie kann es anders sein – vor allem um die Vereinbarkeit von Ökonomie und Ökologie. Ein Novembermorgen in der Hohen Schrecke, an der Jagdhütte von Jan Martin Dee. Freundlich bittet der hochgewachsene Mittfünfziger seine Gäste an den Tisch, serviert einen Kaffee, gekocht mit selbst produziertem Solarstrom. Das Treffen ist ebenso naheliegend wie ungewöhnlich. Denn der Betriebswirt Dee ist der Käufer eines mehr als 1000 Hektar großen Waldgebietes in der Hohen Schrecke – und das macht ihm nicht nur Freunde in der Region. Viele sorgen sich, ob private Besitzer so pfleglich mit dem Wald umgehen, wie es die Anrainerkommunen wünschen und wie es einem modernen, nachhaltigen Verständnis von Waldbau entspricht. Jan Martin Dee hat sich auf Vermittlung der Naturstiftung David  fachkundige Beratung engagiert. Paul Krämer und Gerlinde Straka beugen sich über die topografische Karte, zeigen die Gebiete, die sie in den letzten Tagen besichtigt und bezeichnet haben. Die beiden vertreten das Arnstädter Planungsbüro Naturschutz und Wald (PNW), das federführend mit der Projektplanung des Naturschutzgroßprojektes Hohe Schrecke betraut wurde. Mit am Tisch auch Dr. Dierk Conrady, Projektleiter der Naturstiftung David und der Förster Lars Bauer, ebenfalls bei der Naturstiftung beschäftigt.

Ein Wald in Nadelstreifen

Nach einer kurzen Beratung geht es los: über die zerfahrenen Wege – der Herbst war ungewöhnlich nass – zu einem 60- bis 80jährigen Buchenbestand. Auf dem Weg dahin kommen wir an einem typischen Altersklassenwald vorbei. "Das sind die Sünden der Vergangenheit" sagt Paul Krämer und weist auf die Fichtenstämme, die in diesem Schlag fast in Monokultur stehen, "überdicht in Reih’ und Glied", der preußischen Forstlehre folgend. Fast alle Bäume haben am Stammfuß auffällige Verdickungen – eine Folge der Rotfäule, die immer dann entsteht, wenn das Wild die Bäume schält und sich dann Pilze in das Holz einnisten. "Schnee und Stürme haben hier leichtes Spiel" sagt Krämer, hier muss langfristig umgebaut werden, hin zu einem Laubmischwald, wie er hier natürlicherweise vorkäme."

Von der "Buchenhalle" zum Dauerwald

Ein paar hundert Meter weiter ist das erste Ziel erreicht. Mit ihren hoch aufstrebenden grauen Stämmen stehen die imposanten Buchen an einem Hang, bilden die typische "Buchenhalle" mit dem dichten Dach der Baumkronen – jetzt schon arg luftig durch den Laubfall des Herbstes. Manche Stämme sind zur Durchforstung markiert mit rot-weiß gestreiften Bändern. Gerlinde Straka erläutert die Zeichen. Spricht von der waldbaulichen Erschließung durch Rückegassen, die zu den Maschinenwegen führen. Davon, dass 90 Prozent der Bodenschäden bei der Erstbefahrung mit schwerer Technik entstehen, und dass es deshalb darauf ankäme, immer die gleichen Gassen zu nutzen, ein Raster zu schaffen, das dann als Basis für die Bewirtschaftung in den nächsten hundert oder zweihundert Jahren bindend sei. Paul Krämer ergänzt: "Die Ersteinrichtung eines Erschließungssystems ist ein gutes Beispiel dafür, dass hinter ökonomische Interessen die gleiche Philosophie stehen kann wie hinter Naturschutzbelangen: Es kommt darauf an, Eingriffe in den Wald auf das unbedingt erforderliche Maß zu reduzieren," In anderen Regionen würden sogar Rückepferde eingesetzt, um den Wald zu schonen – Jan Martin Dee nimmt die Anregung wohlwollend auf. An diesem Hang stehen die Buchen viel zu dicht "grauenhaft überbestockt" nennt es Krämer, sie behindern sich gegenseitig beim weiteren Wachstum. Die Waldbauexperten zeigen, welche Bäume herausgenommen werden könnten, um das dichte Kronendach etwas aufzulockern und dem Wald mehr Struktur zu geben. Nur so können sich einzelne Bäume zu Wertbäumen entwickeln, zu hochwertigen Stämmen, mit denen etwa auf Holzauktionen ein Gewinn erzielt werden kann, der die aufwändige Waldpflege auch ökonomisch rechtfertigt.


Weichholz als Wertanlage – ökologisch und ökonomisch

Nach einem Abstecher über das Plateau der Hohen Schrecke kommen wir zum Nordostabfall. "Hier muss es einmal einen übertrieben schnell geführten Schirmschlag gegeben haben" erklärt Gerlinde Straka das Waldbild. Die großen Buchen einer Altersklasse wurden gefällt, ein lichter Wald entstand, in dem sich auffällig viele Birken als Pioniergehölze behaupteten. "Hier steht nicht nur Brennholz, das können durchaus Gewinnbringer werden" – sagt Krämer, und spielt auf den Möbelbau aus Birkenstämmen an, wie er durch ein schwedisches Discount-Möbelhaus populär gemacht wurde. Mit den Gegebenheiten kreativ umgehen – das könnte eines der Markenzeichen eines naturverträglichen Waldbaus in der Hohen Schrecke werden – auch im Privatwald. Dieser Novemberspaziergang hat mit seinen Hinweisen und Diskussionen dafür viele Anstöße gegeben.

 
Projekt Hängebrücke

Termine suchen